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Das Geheimnis einer starken Beziehung

Wie stark die Wasserstoffbrücke zwischen einem Donor und einem Akzeptor ist, hängt natürlich von den Donor- und Akzeptorfähigkeiten der beteiligten Partner ab. Wenn sich zwei Gesprächspartner treffen, die beide gerne reden aber schlecht zuhören können, kommt kein Dialog zustande. Ebensowenig, wenn beide gut im Zuhören sind, aber selbst kein Wort herausbringen. Bei Homodimeren findet man diese Situation häufig. So ist Fluorwasserstoff (HF) ein ausgezeichneter Donor, aber gleichzeitig ein miserabler Akzeptor. Heraus kommt eine ziemlich mittelmäßige Bindung. Umgekehrt ist Ammoniak (NH3) ein sehr guter Akzeptor, aber nur ein dürftiger Donor, auch hier ist die Wasserstoffbrücke nicht sehr belastbar. Aber selbst die Wasserstoffbrücke zwischen zwei Wassermolekülen, wo die Eigenschaften etwas ausgeglichener sind, ist nicht viel stärker.

Besser stehen die Chancen bei Heterodimeren. Kombiniert man den guten Donor HF mit dem guten Akzeptor NH3, so gibt es kein Halten mehr. Das kann je nach Umgebung so weit gehen, dass das Proton des Fluorwasserstoffs zum Ammoniak überspringt und ein Fluoridion hinterlässt. Gegensätze ziehen sich an, Regel Nr. 1 kommt vollumfänglich zum Zug. In der molekularen Welt scheint es somit am besten zu laufen, wenn einer immer redet und der andere immer zuhört. Zur Ehrenrettung gibt es aber noch Regel Nr. 2. Gegensätze verstärken sich durch Polarisation. Wenn ein Fluorwasserstoffmolekül gegenüber einem zweiten mit seiner positiven Seite als Donor auftreten darf, verstärken sich seine ansonsten bescheidenen Akzeptoreigenschaften gegenüber einem dritten, die negative Seite wird eben noch negativer. Und so können sich drei, vier, fünf oder sechs Fluorwasserstoffmoleküle in einem Ring zusammentun und sich gegenseitig polarisieren. Die entstehenden Wasserstoffbrücken sind nahezu zweimal so stark wie die in einem Paar. Fluorwasserstoff ist ein echtes Familientier. Als einzige bekannte Verbindung bildet er ohne Zwang selbst in der verdünnten Gasphase häufig Gruppen von vier bis sechs Molekülen.

Das ist zwar ein Extrembeispiel, aber nach Levi-Strauss muss man die Exoten studieren, um das Allgemeine zu finden. Und so hat die gründliche Untersuchung des einfachsten Wasserstoffbrückenmoleküls HF viele interessante Erkenntnisse über Wasserstoffbrücken zu Tage gefördert.