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Der kleinste Schnaps der Welt

Ein Alkoholmolekül kann auch mit einem oder mehreren Wassermolekülen in Wechselwirkung treten. Dabei entstehen die kleinsten Bausteine von mehr oder weniger konzentrierten Spirituosen. Mit einem einzigen Wassermolekül pro Alkoholmolekül erhält man einen ziemlich hochprozentigen Rum (umgerechnet 79 Vol. %), mit zwei Wassermolekülen landet man bei einem starken (64 Vol. %) Schnaps. Mit fünf Wassermolekülen bekommt man einen Standard-Vodka (40 Vol. %), für einen Wein sind etwa 20 Wassermoleküle erforderlich, für ein Bier schon über 50.

Während sich die Soziologie mit den nicht immer erfreulichen Auswirkungen des Alkoholkonsums auf unsere Gesellschaft auseinandersetzen muss, interessiert den Molekularsoziologien vor allem, wie sich die Anlagerung von Wasser an das Alkoholmolekül auswirkt. Dabei stellt sich zuerst die Frage, wer in der entstehenden Wasserstoffbrücke der Akzeptor und wer der Donor ist. Was Theoretiker schon lange vorhergesagt haben, konnte erst 2008 mittels Ramanspektroskopie experimentell gezeigt werden - Wasser nimmt die Rolle des Donors ein, schnüffelt also bevorzugt an einem der Ohren des Alkoholhündchens, statt der positiv geladenen Schnauze des Hündchens seine eigenen negativ geladenen Bereiche anzubieten. Wie reagiert der Alkohol auf diese Annäherung? Bemerkenswerterweise verharrt er nicht in der bevorzugten "Blick nach vorne"-Position, sondern wendet seine Schnauze von dem aufdringlichen Wassermolekül ab, um ihm über die Schulter sein ursprünglich weiter weg liegendes Ohr anzubieten. Der Hintergedanke bei dieser Verrenkung? Mit seinem leicht positiv geladenen Schwanz kann das Hündchen dabei selbst mit den negativen Ladungen des Wassermoleküls in Wechselwirkung treten - eine sekundäre Stabilisierung durch eine schwache Wasserstoffbrücke. Oft sind es diese subtilen Zweitwechselwirkungen, die bestimmen, wie sich die Moleküle aneinander anpassen. Die starke Wasserstoffbrücke sorgt vor allem dafür, dass die Partner überhaupt zusammenbleiben.

Dass man beim Mischen von wenig Alkohol mit viel Wasser besonders viel Wärme erzeugt, konnte ebenfalls kürzlich mittels Ramanspektroskopie auf molekularer Ebene bestätigt werden. Schon für drei beteiligte, im Kreis angeordnete Partner gilt: Das synchrone Schnüffeln und damit der zugehörige Zusammenhalt wird besonders intensiv, wenn dabei ein Wassermolekül am Ohr eines Alkoholmoleküls schnüffeln kann und gleichzeitig von einem weiteren Wassermolekül beschnüffelt wird.

Die Abbildung gewährt einen Blick in die Raman-spektroskopische Apparatur, mit der solche molekularen Einsichten gewonnen wurden. Die Moleküle fliegen auf den Betrachter zu, von unten werden sie mit einem grünen Laser angestrahlt und nach rechts werden durch ein Photoobjektiv die seltenen roten Photonen eingesammelt, die etwas über die Schnüffelbewegung der Moleküle verraten.